Der Arbeitgeber möchte einen Aufhebungsvertrag mit mir schließen - Soll ich unterschreiben?

Stellen wir uns einmal folgende Situation vor. Es ist Freitagnachmittag und Ihr Arbeitgeber ersucht Sie um ein dringendes Gespräch. Ihnen wird unvermittelt eröffnet, dass man sich von Ihnen gerne und schnell trennen möchte. Da man Ihnen selbstverständlich keine Steine in den Weg legen will, war der Arbeitgeber bereits so freundlich und hat einen unterschriftsreifen Aufhebungsvertrag entworfen, den er Ihnen nun vorlegt. Er benötigt jedoch dringend und unausweichlich noch heute eine umgehende Antwort, ob Sie mit den Modalitäten einverstanden sind. Sie können sich diese vor Ort selbstverständlich gerne einmal "in Ruhe" ansehen. Im Falle Ihrer Ablehnung wird jedoch die umgehende (ggfs. fristlose) Kündigung in Aussicht gestellt. Es gehen Ihnen existentielle Fragen durch den Kopf. Es wird Ihnen sogar in der Vereinbarung eine Abfindung angeboten. Das ist doch gar nicht schlecht, oder? Ist die Kündigungsfrist richtig berechnet? Gute Frage. Was ist mit meinen Überstunden? Was sagt eigentlich der vielleicht bestehende Betriebsrat dazu? Muss der nicht angehört werden? Wie lange muss ich noch bis zur Verrentung arbeiten?

 

Dies ist zugegebenermaßen ein drastisch dargestelltes Beispiel, das jedoch in der Praxis nicht so selten vorkommt, wie man annehmen möchte. Selbstverständlich soll durch die dargestellte Situation Druck auf den Arbeitnehmer ausgeübt werden. An einem Freitagnachmittag ist es schwierig, einen Termin bei einem Rechtsanwalt seiner Wahl zu bekommen. Der Arbeitgeber handelt auch zunächst vor allem in seinem eigenen Interesse und nicht in Ihrem. Dies ist ihrem Arbeitgeber auch vollauf bewusst. Sofern Sie sich dazu entschließen, den Aufhebungsvertrag zu unterschreiben, ist der Sachverhalt in der Regel damit erledigt. Eine weitere rechtliche Prüfung findet nicht statt, denn eine Kündigungsschutzklage ist nicht mehr möglich. Der Betriebsrat muss vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags nicht angehört werden. Eine Anfechtung des Aufhebungsvertrages ist möglich, meist aber erfolglos. 

 

Für Sie hingegen haben die in dem Aufhebungsvertrag vereinbarten Modalitäten mitunter erhebliche negative finanzielle Konsequenzen. Sie haben zunächst einmal einvernehmlich daran mitgewirkt, dass Ihr Arbeitsverhältnis endet. Dies hat grundsätzlich eine Sperrzeit in Bezug auf Ihre Ansprüche auf Arbeitslosengeld I durch die Arbeitsagentur zur Folge, wenn nicht ausnahmsweise ein gesetzlich bzw. von der Rechtsprechung anerkannter wichtiger Grund vorliegt.

 

Die Antwort lautet daher in der Regel: Nein!  Ein Aufhebungsvertrag sollte ohne anwaltliche bzw. rechtliche Prüfung nicht ohne Weiteres unterschrieben werden. Dies gilt auch in Drucksituationen. Es ist in diesem Fall Ihre Aufgabe und Ihr Recht, dem Arbeitgeber mitzuteilen, dass Sie zunächst anwaltlichen Rat einholen möchten und sich anschließend ggfs. durch diesen hierzu äußern werden. Lassen Sie sich bitte nicht von kurz gesetzten Fristen verunsichern! Vergessen Sie nicht, dass Sie einen gültigen Arbeitsvertrag haben, woran Ihr Arbeitgeber gebunden ist.

 

Wir erörtern mit Ihnen gemeinsam Ihren Sachverhalt in der angemessenen Ruhe  und erarbeiten anschließend unter Berücksichtigung aller tatsächlichen und rechtlichen Aspekte eine für Sie angemessene Lösung.

 

 

Julian Senkpeil
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